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Anne Schricker

Wenn A dort ist, wo die Bäume rauschen

Wenn das Kürzel "a. P." in ihren Dressurprotokollen auftaucht, freut sich Anne Schricker sichtlich. Das bedeutet nämlich: Lektionssicherheit am Punkt. Die Mittellinie genau zu treffen, die Diagonale gerade zu ziehen, und Halten exakt bei C, verlangt Rittigkeit, Durchlässigkeit, Gehorsam.

Für Anne Schricker bedeutet es auch, einen guten Einweiser zu haben. Der sagt ihr nämlich, wo sie ist, und wo es lang geht. Trüge die elegante Reiterin nicht eine gelbe Armbinde mit drei schwarzen Punkten, würde man sich vielleicht wundern, warum da jemand am Viereck steht und Buchstaben ruft. So macht man nur eines: Bewundern!
Seit einem Schlaganfall vor 13 Jahren ist die heute 41- jährige Anne Schricker blind. Kein Grund allerdings für die tatkräftige Medingerin die Reiterei an den Nagel zu hängen. Zwar verzichtete sie zunächst auf ihre große Leidenschaft, das Springen, aber aus dem Dressursattel warf sie ihr Handicap nicht. Auch den aus dem Schlaganfall resultierenden leichten Lähmungen trat sie lebensmutig und sportlich entgegen. Sich durchzusetzen hat die gebürtigen Münsteranerin im Reitsport schon früh gelernt.

 

Ihr erstes Pferd "Amore" bekam sie mit 16 und zunächst nicht aus der Box heraus: "Fast eine Stunde brauchte ich täglich, um an die Stute heranzukommen, sie aufzuhalftern", erinnert sich Anne Schricker amüsiert an ihr "biestiges Pferd". Aber auf stundenlangen Spaziergängen sind die beiden dann dicke Freunde geworden. Mit ihrer "kleinen Giftnudel" holte sie Siege und Platzierungen in Springprüfungen bis Klasse M. "Damals war ich schon auf einem Auge blind und hatte auf dem anderen noch 20 Prozent Sehfähigkeit. Also bin ich den Parcours eben dreimal abgeschritten, um mir alles genau einzuprägen." Schmunzeln muss Anne Schricker, wenn sie daran denkt, dass sie bei ihrem vorerst letzten M- Springen den Ausgang nicht mehr fand. Der Stadionsprecher forderte sie monoton auf, den Parcours zügig zu verlassen und der Folgereiter musste sie schließlich heraus begleiten.

 

Seitdem ist viel passiert: Die gelernte Handelskauffrau schulte um zur Physiotherapeutin, zog nach Medingen, um mehrmals wöchentlich auf dem Klosterhof trainieren zu können. Neben der 13- jährigen Erfolgsstute My Melodie FRH hat sie nun mit dem fünfjährigen Dionero DE ein Talent fürs große Viereck unter dem Sattel. Die Zeichen stehen auf Erfolg. Als internationale Belgische und Niederländische Meisterin vertrat sie die deutschen Farben beim Behindertensport ebenso erfolgreich wie als New Yorker Meisterin. Ob nach Irland, Rußland oder jüngst nach Kroatien, die Vize- Europameisterin des vergangenen Jahres wird zu allen Turnieren gern eingeladen, gewinnt auch auf Fremdpferden eine Prüfung nach der anderen. Auch auf normalen Turnieren hat sie oft die Nase vorn.

 

Extrawürste im Training gibt es nicht. "Du weißt doch, wo die Bahnpunkte sind", fordert Keller seine Schülerin auf, sich ganz auf ihren Orientierungssinn zu konzentrieren. Und der ist geschärft: "Ich höre die Wände." Sie schnalzt laut, um den Schall zu verfolgen, erkennt so Tür und Bande. "Wie eine Fledermaus," lächelt sie. Die Proportionen seien auf allen Vierecken gleich, so die Medingerin. Draußen orientiert sie sich an der ständigen Geräuschkulisse. Fahrende Autos und Züge, fließendes Wasser geben ihr auf Ausritten Halt, bei denen sie ihren Pferden zunächst blind vertraut. "Auf Turnieren höre ich beim Abreiten, wo die anderen reiten und hoffe auf ein bißchen Rücksicht."

 

Wenn bei A die Bäume rauschen, bei C die Richter sprechen und an der langen Seite das Publikum murmelt, hat Anne Schricker eine räumliche Vorstellung. Seit letztem Jahr will sie es noch einmal richtig wissen- beim Springen. Links der einzelnen Sprünge sprechen Einweiser laut vor sich hin. Das reicht zur Orientierung. Platzierungen in A- Springen sind ein schöner Beleg dafür, dass es sich lohnt zu kämpfen. Mit Humor und Ehrgeiz, so wie Anne Schricker. Große Pläne hat das Aushängeschild des Reitsports für die nahe Zukunft: Neben dem Studium des Sozialwesens an der FH Lüneburg peilt sie Erfolge bei der diesjährigen WM und bei den Paralympics in Athen an. Dass sie noch häufiger mit eigenen Pferden starten kann, wünscht sich Anne Schricker. Ein Auto hat sie und einen Pferdehänger. Fehlt nur noch jemand, der ständig fährt...

(jes)

 

 

 

 

 

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